Wenn die jungen schönen Frauen und der Tod einander begegnen, dann ist das eine kulturelle Extremsituation. Leben und Tod treffen dann in sehr radikaler Weise aufeinander. Denn die junge fruchtbare Frau ist ein starkes Bild für das Leben – ein Gegenentwurf zum Bildnis des Todes. Das klassische Vorbild dieses in Europa erst im frühen 16. Jahrhunderts auftretenden Sujets findet sich aber bereits in der Antike: das Zusammentreffen, besser gesagt der Raub der Persephone, eine Tochter der Demeter, durch den Herrn des Totenreiches, Hades. Den Mythos verfasste der griechische Dichter Hesiod bereits um 700 v. Chr.
In diesem Referat soll ein Bogen, ausgehend von „Der Raub der Persephone“ bis hin zu Joseph Beuys (1959) und Nina Schönian-Söllig (2022) „Der Tod und das Mädchen“, gespannt werden. Eindringlich sind die Darstellungen von Hans Baldung Grien, Niklaus Manuel oder Hans Sebald Beham, verstörend und pornografisch die von Félicien Rops oder auch von Horst Jansen. Ein Kaleidoskop des Schreckens, aber auch der Erotik. Sexualität und Tod sind Phänomene, die einander komplementär, aber auch erstaunlich entgegengesetzt sind. Nichts für zart besaitete Gemüter.
Referent: Mag. Thomas Schiretz (Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft), ehemaliger Präsident der österreichischen Totentanzvereinigung und Spezialist für mittelalterliche und neuzeitliche Totentanzaufführungen. „Schiretz ist ein Spezialist im Auffinden von dramatischen Totentänzen …“ In: „Zeitlos tanzt der Tod“ von Dr. Rainer Stöckli.